Aussaatanleitung von Kakteen-Haage

Zuvor zwei Bemerkungen:
1. Alle guten Ratschläge ersetzen nicht die eigene aufmerksame Beobachtung.
2. Die Ansprüche der unterschiedlichen Arten variieren selbstverständlich etwas.

Wir verwenden als Aussaatsubstrat guten Hochmoortorf mit Blähschiefer 1:1 gemischt. Als Gefäße haben sich kleine Polystyrolschalen gut bewährt – die Wärme wird hier besonders gut gespeichert. Für kleine Aussaatmengen (z. B. Samenportionen) sind quadratische 6er Töpfe auch gut geeignet.
Das Substrat wird locker in das Gefäß gefüllt und mit einen Brettchen über den Schalenrand glatt gestrichen. Unmittelbar vor der Aussaat wird der Samen in der Tüte mit einer Messerspitze Trockenbeizmittel (z. B. seedpro TB) versetzt und geschüttelt, bis alle Samenkörner mit Beizmittel umhüllt sind. Bei feinen Samen wird das Substrat vor der Aussaat gleichmäßig angedrückt, sonst liegen die Körner ungleichmäßig tief. Dann werden die Samen gleichmäßig über das gesamte Saatbett verteilt. Große Samen werden nach der Aussaat mit einem Brettchen angedrückt. Nach der Aussaat werden Schalen oder Töpfe dünn aber gleichmäßig mit Quarzsand abgedeckt – als Faustregel nimmt der Gärtner eine Samenkorn starke Abdeckung an. Der Quarzsand lässt das für die Keimung erforderlich Licht durchtreten und wirkt als Verdunstungsschutz. Die Kiesschicht trocknet schnell ab, infolgedessen können sich auf der Oberfläche keine Algen mehr ansiedeln. Auch dem Pilzbefall wird dadurch vorgebeugt.
Unsere Aussaatgefäße werden nicht angegossen, dadurch würde das Beizmittel abgespült. Wir stellen alle Gefäße so lange in eine große, mit Wasser gefüllte Schale, bis sie sich bis oben voll gesaugt haben. Das kann man am Verfärben des Quarzsandes gut verfolgen. Die Aufstellung erfolgt an einem warmen hellen Platz. Sehr gute Erfahrungen haben wir mit der Vliesabdeckung gemacht. Unter dem Vlies bildet sich ein günstiges Kleinklima, gerade richtig für die Entwicklung der kleinen Sämlinge.
Die optimale Keimtemperatur liegt für die meisten Kakteen zwischen 18° und 28°C, eine nächtliche Abkühlung ist durchaus wünschenswert. Am schnellsten keimen die Astrophyten, die schon nach drei bis fünf Tagen die Samenschale gesprengt haben, nach acht bis vierzehn Tagen ist mit den meisten Kakteenarten zu rechnen. Ausgesprochene Bummler sind alle hartschaligen Arten, besonders die Opuntien. Kenner feilen deshalb die dicke Samenschale vorsichtig mit einer Nagelfeile an. Im Profibereich werden die Samen von Opuntia manchmal mit speziellen Keimkatalysatoren behandelt.
In den ersten Tagen und Wochen, bis die Keimlinge wenigstens die Größe eines Stecknadelkopfes haben, darf die Saatfläche nie austrocknen. Später kann man davon ausgehen, daß die Wurzel bereits in tiefere Bodenschichten eingedrungen ist und der Pflanzenkörper ausreichend Wasser gespeichert hat. Nun wird ein oberflächliches Abtrocknen den jungen Pflänzchen nicht schaden, wirkt aber der Veralgung und dem Pilzbefall entgegen.
Bei der Aussaat muß man beachten, daß nie alle Samen gleichzeitig keimen. Eine „Überlebensstrategie“ der Wildpflanzen ist es, keimhemmende Stoffe in unterschiedlicher Konzentration in die Samen einzulagern. Erst nach deren Abbau, erfolgt die Keimung, also mehr oder weniger lange verzögert – im Extremfall kann dies sogar mehrere Jahre dauern – also eine „erfolglose“ Aussaat nicht vorschnell wegwerfen. Je weiter die Sämlinge herangewachsen sind, desto größer können die Abstände zwischen den Wassergaben werden, schließlich haben wir es ja mit Sukkulenten, also Wasser speichernden Pflanzen zu tun. Veralgungen oder Befall durch Schadpilze sind in aller Regel die Folge von zu hoher Luft- und Bodenfeuchtigkeit oder fehlender Luftbewegung. Lassen Sie Ihre Sämlinge lieber etwas langsamer, aber gesund und abgehärtet wachsen und sie werden immer Freude an ihnen haben!

Weitere Informationen finden Sie im Buch von Hans-Friedrich Haage „Kakteen. Frische Ideen für Zimmer, Balkon und Garten“. Ein Ratgeber aus der Praxis, in dem alle wichtigen Fragen zur Kakteenkultur beantwortet werden.